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Burnout als Wachstumsanreiz?

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Seit 10 Jahren beschäftige ich mich mit dem Burnout – Syndrom. Damals wurde ich gefragt, was das denn ist, heute fragt niemand mehr, die meisten haben eine konkrete Vorstellung. Angeregt durch einen Artikel, in der PSYCHOLOGIE HEUTE mit dem Titel „Bestimmt der Westen was als seelisch krank gilt“ von Simone Einzmann, und durch einen Artikel in der Wirtschaftspsychologie Aktuell, “ Burnout – was ist das? Eine kritische Annäherung an ein Phänomen“ von Andreas Hillert, mache ich mir Gedanken was momentan geschieht. Psychische Krankheiten haben immer etwas mit dem Kontext zu tun, in dem sie auftreten. So gab es  z.B. in Japan, bis vor nicht all zu langer Zeit, fast keine Depressiven. Eine andauernde leichte Melancholie wurde nicht als Krankheit betrachtet, sondern als charakterstärkend. Dieses und ähnliche Phänomene werden von Ethan Watters  in „Crazy like us. The globalization of the American psyche“ beschrieben. Überträgt man die Überlegung, dass psychische Krankheiten vom Westen definiert und dann weltweit „exportiert“ werden, auf das Burnout-Konstrukt so ergibt sich zweierlei: Momentan ist Burnout noch keine Krankeit im klassischen Sinn. Meist wird eine mittelgradige depressive Symptomatik mit starkem Bezug zum Arbeitskontext diagnostiziert. Hier liese sich gut beobachten, wann in bisher burnoutfreien Regionen der Welt, erstmals die einem  Burnout zugrundeliegenden Symptome beschrieben und so benannt werden.

Wenn es sich um eine Störung handelt, die unter anderem durch Überforderung und Überlastung bei der Arbeit mitverursacht wird, dann sollten wir uns die Frage stellen, ob unsere teils selbst gestalteten Arbeitsbedigungen hinterfragt werden müssen. Und natürlich auch, was wir brauchen, um mit den tatsächlich stattfindenden Bedingungen in der Arbeitswelt zurecht zu kommen. Ich möchte dies mit einem  Beispiel verdeutlichen: Die Zunahme von Mitarbeitern, die an einem Burnout erkranken, müßte Unternehmen zu der Frage veranlassen, welche Formen der Überforderung gezielt minimiert werden können. Auch eine in Unternehmen häufig gepflegte Kultur -bei uns arbeitet jeder mindestens 14 Stunden – müßte thematisiert werden. Aber auch Beschäftigte sind in der Pflicht. Es findet sich erstaunlich wenig Widerstand gegen die Zumutungen moderner Arbeitsverhältnisse. Die Argumentation, dass dies auch nicht ohne weiteres möglich ist, man könne ja schließlich seinen Arbeitsplatz verlieren, akzeptiere ich so nicht. Noch haben wir Wahlmöglichkeiten, es ist nur nicht bequem sich neu zu orientieren. Hier würde ich Sie gerne auf einen hervorragenden Artikel meines blogger-Kollegen Roland Kopp Wichmann aufmerksam machen: http://www.persoenlichkeits-blog.de/article/2761/wer-sich-heute-im-job-sicher-fuehlt-hat-vergessen-wie-man-einen-frosch-kocht#more-2761

Der zweite Aspekt meiner Überlegungen, hat etwas mit dem Begriff des posttraumatischen Wachstums zu tun. Bei der momentan geführten Burnout-Debatte kommt, mir persönlich, der Bewältigungsaspekt zu kurz. Nachdem nicht alle eine Burnout Symptomatik entwickeln, obwohl sie in der gleichen Welt leben wie diejenigen die an ihr zerbrechen, wäre vielleicht ein vielversprechender Ansatz sich zu fragen, was machen  zum Beispiel Menschen, die schwerst traumatisiert sind und trotzdem zu einem gesunden Leben zurückfinden. Erste Hinweise finden sich bei der Traumaforschung und hier gezielt beim Posttraumatischen Wachstum, derzeit erforscht von Richard Tedeschi und Lawrence Calhoun. Ein guter Übersichtsartikel findet sich bei Miriam Luckhardt: http://psychologie.suite101.de/article.cfm/posttraumatisches_wachstum

Foto: istockphoto/kemic

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