Allgemein Burnout Stressmanagement

Wenn das ganze Team ausbrennt

Group of sad executives people tied up isolated on white background
© Gabriel Blaj – Fotolia.com

„Ausgebrannte Teams“, so der gleichnamige Titel des Buches von Jörg Fengler und Andrea Sanz,  sind Teams die sich durch folgende Faktoren beschreiben lassen:

  • Chronische Überforderungsgefühle: Gemeinschaftlich wird die tägliche Überforderung thematisiert. Die Arbeitssituation ist geprägt von Gefühlen der Verzweiflung, Ohnmacht und von Selbstmitleid, gepaart mit schwer fassbaren, diffusen  Anklagen.
  • Kraftlosigkeit: Die Atmosphäre ist geprägt von Schwere, Unbeweglichkeit und Resignation. Alles was an das Team herangetragen wird erscheint schwer und unlösbar.
  • Entschlusslosigkeit: Eine wahrnehmbare Diskrepanz zwischen Leiden und der Unfähigkeit, gemeinsam Konsequenzen aus der Situation zu ziehen und auf die Handlungsebene zu kommen. Damit einher geht die Unfähigkeit eine gemeinsame Entscheidung zur Verbesserung der Situation einzuleiten bei gleichzeitig stetem Bemühen genau diese Verbesserung zu verhindern.
  • Leistungseinbußen: Das Team berichtet über Leistungseinbußen wie z.B. Beschwerden von Kooperationspartnern und Kunden innerhalb und außerhalb von Organisationen. Vermehrte Beratungs- und Behandlungsabbrüche. Abnahme der Nachfrage nach den Leistungen des Teams im Vergleich zu früher oder im Vergleich zu ähnlichen Teams.
  • Konsens ohne Folgen: Gemeinsam getroffene Vereinbarungen werden auf „mysteriöse“ Weise nie realisiert.
  • Kollektive Selbstentwertung: Es herrscht Einigkeit darüber, dass die eigene Arbeit keinen Wert hat, dass die geleistete Arbeit ohnehin niemanden interessiere. Dies wird an Äußerungen deutlich wie  „wir sind doch hier der letzte Dreck“ oder „was wir hier machen interessiert doch niemand“ deutlich.
  • Freude über Misserfolge – Sarkasmus Stimmung: Wahrgenommen Leistungseinbrüche werden mit einer gewissen Schadenfreude kollektiv belächelt.
  • Beschuldigungsmuster: Meist wird für die erlebte Misere nach einem einzigen Schuldigen gesucht, den man für die erlebte Arbeitssituation verantwortlich machen könnte. Multifaktorielle Erklärungsversuche werden nicht gehört, Sachverhalte werden von allen Teammitgliedern radikal vereinfacht und so wird das gesamte Team zum Opfer nicht beeinflussbarer Umstände.
  • Demontage verfügbarer Ressourcen: Die Fülle an zur Verfügung stehenden Ressourcen wird zwar gesehen aber abgewertet oder misstrauisch zurückgewiesen. So werden Fortbildungsangebote nicht genutzt, der Betriebsausflug abgesagt oder boykottiert, der Etat für Anschaffungen nicht ausgeschöpft etc. Eine wie auch immer geartete Initiative zu ergreifen wird als zusätzliche Belastung zu der ohnehin schon unerträglichen Belastungssituation erlebt.
  • Reizbarkeit im Binnenkontakt: Die Teammitglieder sind untereinander hochsensibel und reagieren angespannt und sehr empfindlich aufeinander. Kleinigkeiten werden dramatisiert und zu ernsthaften Themen stilisiert, die dann der Bearbeitung kaum zugänglich sind.
  • Subgruppen-Polarisierung und Teamspaltung. Es werden schnell Fronten und Fraktionen untereinander gebildet, auch bei weniger wichtigen Themen.
  • Feindseligkeit gegenüber anderen Subsystemen: Häufig wird gegenüber anderen Teams oder Abteilungen überzogene Kritik geübt, Feindseligkeit wird in schwer nachvollziehbarer Weise aufgebaut.
  • Reflexionsverweigerung: Das Team hat die ausgeprägte Neigung sich kollektiv der Reflexion der genannten Aspekte zu entziehen. Das Gehalt wird als „Schmerzensgeld“ bezeichnet, die Situation wird in einem jahrelangen Anpassungsprozess an dysfunktionale Arbeitsbedingungen irgendwann akzeptiert aber ungern bearbeitet.

Jörg Fengler beschreibt gekonnt und mit jahrelanger Erfahrung unterlegt, die Arbeit in und mit ausgebrannten Teams und entwickelt ein 6-Faktoren Präventionsmodell zur Vermeidung eines Team-Burnout. Mir gefällt dabei besonders gut die Betrachtung der verschiedenen Ebenen die einerseits zu einem Team-Burnout führen und andererseits bei der Arbeit mit ausgebrannten Teams Berücksichtigung finden müssen. Auf diese Aspekte soll jedoch an dieser Stelle nicht ausführlicher eingegangen werden, weil ich der Meinung bin dass Supervisoren und Coaches  für die Arbeit mit ausgebrannten Teams in diesem Buch wertvolle und differenzierte Anregungen erhalten. Es lohnt sich also mal wieder ein ganzes Buch zu lesen! Ein gelungenes Werk!

Jörg Fengler – Ausgebrannte Teams: Burnout Prävention und Salutogenese

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8 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Unser Leben ist eben mehr als nur eine Aneinanderreihung von Aufgaben, deren aktuellste jeweils in den Vordergrund unserer Aufmerksamkeit rückt, um in einer möglichst kurzen Zeit im Wechsel mit anderen Aufgaben bewältigt zu werden. Sind wir permanent einer solchen Anforderung ausgesetzt, führt dies zu cognitive overload, zu Dauerstress und eventuell zu gesundheitlichen Problemen….

    1. Liebe Larah,
      für mich ist Leben auch mehr als die Aneinanderreihung von Aufgaben. Leider erleben viele Menschen momentan in Unternehmen aber genau das. Es fällt dann schwer nach Arbeitsende, wenn es ein solches überhaupt noch gibt (Telearbeit, Blackberry) in einen anderen Modus zu schalten. Das hat sehr viel mit Grenzen setzen zu tun. Dieses Grenzen setzen muss man manchmal wieder lernen. Es ist einer der wichtigsten Burnout-Präventionsfaktoren. Das Phänomen des cognitive overload kommt erschwerend dazu, da wir durch soziale Netze die Möglichkeit haben uns einem informativen Dauerstress auszusetzen. Man geht davon aus dass ein Internetjahr dreimal stressiger ist, als ein Jahr ohne Netz. Aber auch das muss man wahrnehmen und entsprechend verändern. Ihnen wünsche ich entspanntes Arbeiten und danke Ihnen für den Kommentar!
      Liebe Grüße
      Margit Nowotny

  2. Grenzen setzen ist gar nicht so einfach…, genau in so einem Unternehmen, wie Sie es oben beschreiben, arbeite auch ich. Bei uns haben fast alle einen Blackberry und sind somit ständig erreichbar … Wer bestimmt, wo ich welche Grenze setzen kann? Wir sind alle Sklaven der modernen Technik geworden; wie lief denn das früher, als es noch kein Internet und keine Mobiltelefone gabe? Jeder vierte wird heute mit „Burnout“ krank geschrieben? Ist das nicht irgendwie eine Volkskrankheit geworden? Meistens trifft ein Burnout doch eher die Leute, die nicht in Führungsetagen arbeiten, sondern eine Stufe darunter. Zumindest sieht das bei uns im Unternehmen so aus …

    1. Liebe Larah,
      Das Grenzen setzen wird niemand für sie oder Ihre Kollegen übernehmen. Das müssen Sie alleine machen. Meist passiert noch nicht mal was, wenn man es tut, genauso wenig wie etwas passiert, wenn man sich in einer Organisation „tot arbeitet“. In beiden Fällen wird die Organisation die Grenze nicht ziehen. Das muss man allerdings erkennen und Schritt für Schritt ausprobieren. Zum Thema Burnout muss ich sagen, dass es nach meiner Erfahrung beide Seiten trifft: Führungskräfte und Mitarbeiter. Für Mitarbeiter ist es allerdings wichtig Handlungsspielräume zurück zu gewinnen. Das heißt: Viele laufen täglich im Hamsterrad und nehmen nicht mehr wahr, wie sie selbst das Rad anhalten können oder die Drehgeschwindigkeit steuern können. Aber auch das gehört zur Burnout-Prävention. Innehalten und nochmal schauen ob alles tatsächlich so ist wie man es erlebt oder ob sich manches auch anders betrachten lässt. Sie stimmen mir vermutlich zu, dass nicht jeder Mitarbeiter ausbrennt. Demzufolge müssen die Nichtausbrenner etwas anders machen. Es lohnt sich genau hinzusehen.
      Herzlichst
      M. Nowotny

    2. Das sie etwas anders machen, würde ich nicht sagen. Sie gehen vielleicht anders mit Stress und dem Overload an Arbeit um. Bei mir ist es z. B. so, dass ich am Tag 12 Stunden arbeite, aber die Leute, die ihre 40-Std. Wochen einhalten und jeden Tag um 17 h Feierabend machen können, die erkranken an Burnout. Das passt doch nicht zusammen…

      1. Eigentlich ist es genau anders rum: Die die 12 Stunden arbeiten sind stärker in Gefahr, als die die um 17h Feierabend machen… 😉
        Insofern muss ich Ihnen Recht geben: Da passt was nicht zusammen! Wir bräuchten also Details. Z.B. ob die „Frühen“ schon immer früh nach Hause gingen oder erst seit sie ein Burnout hatten/haben?

  3. Für mich ist ein „Burnout“ nur eine Ausrede, weil man mit dem Alltagsstress nicht umzugehen weiß. Oft wird doch bei den Leuten, die phsychisch und körperlich wenig belastbar sind, gleich ein „Burnout“ diagnostiziert. Aber bei denen, die wirklich gefährdet sind, heißt es nur „schrauben Sie mal ihren Stress etwas runter“ und alles ist wieder beim Alten.
    Alles eine Sache des Selbstmanagements.

    1. Ich hoffe dass es nicht ganz so extrem ist! Wichtig wäre neben den individuellen Faktoren auch die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz zu berücksichtigen. So manches „Burnout“ beginnt mit unsensiblen Vorgesetzten. Es ist auch klar dass den wenigsten Menschen mit der Aussage sie sollen den Stress runterschrauben geholfen ist. Wenn sie das könnten würden sie es tun.

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